Parallelwelten

Leben wir in einem Multiversum?

Gibt es neben unserem Universum noch weitere? © scinexx

Ist unser Universum einmalig? Oder gibt es vielleicht doch noch parallele Welten neben der unsrigen? Auf den ersten Blick klingt das eher wie Science-Fiction, doch rein physikalisch sind Parallel-Universen keineswegs undenkbar – und vielleicht sogar wahrscheinlich.

Die Theorien darüber, wie solche Parallel-Universen physikalisch erklärt werden können, gehen allerdings ziemlich weit auseinander. Einige Kosmologen sehen ein Multiversum geradezu als zwangsläufige Folge der kosmischen Entwicklung seit dem Urknall. Andere sehen in parallelen Welten eher einen Auswuchs quantenmechanischer Gesetzmäßigkeiten. Aber auch Schwarze Löcher und die Stringtheorie spielen in einigen Vorstellungen eine prominente Rolle.

Eindeutig beweisbar ist jedoch bisher keine dieser Theorien zu parallelen Universen. Und sogar über die Frage, ob dies jemals der Fall sein wird, streiten sich die Geister…

Stellknöpfe an der Kosmos-Maschine

Das Anthropische Prinzip und parallele Welten

Wollte man ein Universum erschaffen, müsste man ziemlich lange tüfteln und ausprobieren, bis man es genau so hinbekommt, dass Galaxien, Sterne, Planeten und letztlich auch wir Menschen darin entstehen und existieren können. „Stellen Sie sich vor, Sie könnten an den Knöpfen der großen kosmischen Maschine herumspielen und hier ein bisschen drehen, um die Elektronen schwerer zu machen oder hier, um die Gravitation ein winziges Bisschen abzuschwächen – was wäre die Folge?“, fragt der britische Physiker und Autor Paul Davies in einem Aufsatz.

Unser Universum enthält viele bizarre Phänomene – doch sie alle sind wie wir Ergebnis bestimmter Naturgesetze. © NASA/CXC/ JPL-Caltech/ STScI

Seine Antwort darauf: Das Universum wäre wohl nicht wiederzuerkennen. Es wäre komplett anders, und auch uns Menschen gäbe es wohl nicht. Denn alle Naturkonstanten und physikalischen Gesetze in unserem Universum scheinen geradezu perfekt bis ins Kleinste darauf abgestimmt, dass aus dem Uranfang ein Universum in seiner von uns beobachtbaren Form wurde. Bloßer Zufall? Glück? Oder war es ganz zwangsweise ein Ergebnis der Anfangszustände?

Der Beobachter prägt seine Umwelt

An dieser Frage entzünden sich seit Beginn der wissenschaftlichen Kosmologie heftige Diskussionen. Schon Albert Einstein formulierte provokativ: „Was mich wirklich interessiert ist, ob Gott bei der Erschaffung der Welt überhaupt eine Wahl hatte.“ Oder anders gefragt: Hätte das Universum auch anders entstehen können als in seiner heutigen Form? Ist es uns auf den Leib geschneidert? Oder gibt es vielleicht sogar solche anderen Varianten – als Parallelwelten?

Diese Frage ist einer der Knackpunkte des sogenannten Anthropischen Prinzips: Dieses geht davon aus, dass uns unser Universum tatsächlich in gewisser Weise auf den Leib geschneidert ist – einfach durch die Tatsache, dass wir diejenigen sind, die es beobachten und erforschen. Damit aber nehmen wir Menschen auch nur das wahr, das uns aufgrund unserer Biologie und Fähigkeiten möglich ist.

Universen außerhalb unseres Horizonts?

Wir erfassen nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was existiert © NASA

Umgekehrt aber bedeutet dies, dass wir vielleicht nur einen kleinen Ausschnitt dessen erfassen könne, was existiert. Es ist uns wegen unserer Natur nur einfach nicht möglich, über den Tellerrand unserer eigenen kosmischen Heimat hinauszusehen. Außerhalb unseres Horizonts könnte es daher durchaus noch andere Regionen des Kosmos oder sogar andere Universen geben, die völlig anders aussehen und anderen Naturgesetzen gehorchen.

Das 1973 von dem australischen Physiker Brandon Carter vorgestellte Anthropische Prinzip sorgt bis heute für heftige Debatten. Aber zumindest in einem Aspekt seiner Theorie steht Carter heute längst nicht mehr allein da: der Idee von parallelen Universen. Denn mit der Weiterentwicklung der Kosmologie und Physik lieferten immer mehr Forscher physikalische Argumente, die solche Parallelwelten durchaus möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich machen.

Blasen im Nichts

Die kosmische Inflation und das Multiversum

Einer der Vorreiter von Parallelwelten ist der russische Kosmologe Andrei Linde. Als er in den 1980er Jahren seine Theorie der kosmischen Inflation veröffentlichte, steckte darin auch ein Parallelwelten-„Sprengsatz“. Denn seinem Modell einer chaotischen Inflation nach gab es nicht nur einen Urknall, sondern ungeheuer viele. Und als direkte Folge davon nicht nur ein Universum, sondern eine Art Multiversum.

Das Universum als sich ausdehnendes Fraktal? © scinexx

„Anstelle nur eines sich ausdehnenden Feuerballs ist das Universum ein gewaltiges, wachsendes Fraktal“, erklärt Linde. „Dieses besteht aus unzähligen sich ausdehnenden Bällen, die ihrerseits neue Bälle erzeugen und das geht wie eine Kettenreaktion immer so weiter.“ Ursache dieser fraktalen Struktur ist die Inflation – die überlichtschnelle Ausdehnung des Kosmos nach dem Urknall. Denn nach Lindes Theorie wird diese Inflation durch ein Skalarfeld ausgelöst – ein Feld, das an jedem Punkt einen zufälligen Wert einnimmt.

Überlichtschnell wachsende Blasen

An einigen Stellen in diesem Feld sind die Werte gerade richtig, um eine Inflation auszulösen, an anderen dagegen nicht. Dadurch tritt die Inflation nicht überall gleichzeitig auf, sondern mal früher mal später. „Die Stellen, an denen dies passiert, bleiben nicht klein: Sie wachsen exponentiell und dominieren schließlich“, erklärt Linde. So entsteht eine Art Raumblase, deren Inflation sich irgendwann verlangsamt und zu einer normalen Ausdehnung wird – wie wir sie heute in unserem Kosmos beobachten. „In diesem Szenario ist das Universum als Ganzes unvergänglich“, so Linde.

Würde Lindes Theorie stimmen, dann wäre das Universum, wie wir es kennen, nicht das einzige, sondern nur eine der vielen Blasen in der Unendlichkeit. Selbst der Name „Universum“, abgeleitet vom lateinischen „unus“ – „ein einziger“ – wäre falsch. Denn außerhalb unseres Beobachtungshorizonts existieren dann noch viele weitere kosmische Welten.

Unendlich viele Varianten

Aus dem Inneren einer kosmischen Blase sind die anderen nicht wahrnehmbar © freeimages

Für jemanden im Inneren einer solchen kosmischen Blase scheint sein Universum aber dennoch das einzige zu sein: Es entstand irgendwann in einer Art Urknall – in Wirklichkeit dem Beginn der Inflation – und entwickelte sich dann weiter. Möglicherweise entstehen Sterne und Galaxien, vielleicht aber auch ein Kosmos, der von anderen Gesetzen regiert wird als bei uns und in dem es gar keine Materie gibt. Nach Lindes Theorie eines sich selbst-reproduzierenden Universums setzt sich diese Bildung neuer Blasen immer weiter fort.

Diese Idee könnte das Problem des Anthropischen Prinzips lösen: Denn wenn es unendlich viele verschiedene Universen gibt, dann existieren in ihnen auch unendlich viele Variationen von Gesetzmäßigkeiten und Bedingungen. „Jedes Universum hat seinen eigenen Stellknopf und seine jeweils eigenen Einstellungen“, erklärt Paul Davies. „Nur in einer Handvoll von ihnen sind die Einstellungen genau richtig und in ihnen würden dann Wesen so wie wir darüber staunen, wie wunderbar fein abgestimmt ihr Universum ist.“

Verzweigte Wirklichkeiten

Die Quantenmechanik der vielen Welten

Rein mathematisch-theoretisch betrachtet ist die Existenz von Paralleluniversen eigentlich nichts Neues: Jede Lösung der Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie beschreibt bereits ein eigenes kosmologisches Modell. Und auch von Seiten der Quantenmechanik erhielt die Vorstellung von Parallelwelten schon lange vor Linde Unterstützung. Ein Pionier war der US-Physiker Hugh Everett, ein in den 1950er Jahren noch unbekannter Doktorand der Princeton University.

Warum Schrödingers Katze nicht funktioniert

Der Zustand eines Elementarteilchens – beispielsweise seine Position im Raum – lässt sich durch eine Wellenfunktion beschreiben. © gemeinfrei

Sein Ausgangspunkt war eine Eigenheit der Quantenwelt: Ein Elementarteilchen, beispielsweise ein Elektron, kann sich in zwei oder mehreren Zuständen gleichzeitig befinden – aber nur, solange es dabei nicht beobachtet wird. Diese Überlagerung bricht in dem Moment zusammen, indem man den Zustand zu messen versucht. Die mathematische Wellenfunktion, deren Form alle möglichen Zustände und ihre Wahrscheinlichkeiten beschreibt, „kollabiert“ und lässt nur noch einen Zustand übrig – welchen, ist dabei reiner Zufall.

Bekannt ist dieses Prinzip heute vor allem durch das Bild von Schrödingers Katze, dem armen Tier in seiner undurchsichtigen Kiste, das so lange sowohl lebend als auch tot sein kann, bis jemand die Kiste öffnet. Diese Überlagerung jedoch funktioniert nur im Reich der kleinsten Teilchen. Deshalb wäre Schrödingers Katze in Wirklichkeit immer entweder tot oder lebendig, egal ob wir in die Kiste schauen oder nicht. Und auch wir sitzen entweder auf unserem Sofa und lesen diesen Text oder wir stehen in der Küche – beides gleichzeitig geht nicht. Oder doch?

Verzweigung statt Kollaps

Genau hier kommt Everetts Idee ins Spiel. Was wäre, wenn es auch in der makroskopischen Welt eine Art universelle Wellenfunktion gäbe? Wenn die möglichen Zustände eines Objekts oder sogar einer Welt ebenfalls in Überlagerung wären und damit quasi unbestimmt? Dann würde erst die Beobachtung dafür sorgen, dass ein bestimmter Zustand eintritt. Dabei kollabiert aber nach Everetts Theorie die Wellenfunktion nicht, sondern sie verzweigt sich in verschiedene Abschnitte, die nicht mehr miteinander interagieren können. In einem Zweig dieser Wirklichkeit stehen wir in der Küche, im anderen sitzen wir auf dem Sofa.

In beiden Fällen sind wir uns des jeweils anderen Zustands nicht bewusst, weil wir als Beobachter Teil der Wellenfunktion und damit der jeweiligen Varianten der Wirklichkeit sind. Daraus aber folgt, dass es theoretisch nicht nur eine Welt geben muss, sondern unzählige weitere. Diese Parallelwelten wären allerdings nicht räumlich getrennt, sondern bestehen am selben Ort zu selben Zeit – nur eben in einem anderen Zustand. Oder anders ausgedrückt: „In einem dieser parallelen Universen hätte der Dinokiller-Asteroid die Erde verfehlt, in einem anderen wäre Australien vielleicht von den Portugiesen statt den Engländern kolonisiert worden“, erklärt der Physiker Howard Wiseman von der Griffith University in Brisbane.

Populär, aber umstritten

Obwohl das reichlich fantastisch klingt, steht Everetts Idee quantenmechanischer Parallelwelten der durchaus auf mathematisch-physikalisch soliden Füßen – zumindest theoretisch. Ob das Ganze in der realen Physik passiert, bleibt allerdings zwangsläufig unbekannt. Zu Lebzeiten löst der Physiker denn auch alles andere als Begeisterung bei seinen Kollegen aus. Ganz im Gegenteil: Niels Bohr lässt ihn eiskalt abblitzen, sein Doktorvater distanziert sich von ihm, und Everetts kurz darauf erscheinender Fachartikel wird nahezu ignoriert.

Erst fast 15 Jahre später erlebt Everetts Theorie eine Renaissance. Der US-Physiker Bryce DeWitt entwickelt sie weiter und veröffentlicht dann seine Version im Fachmagazin „Physics Today“. Damit tritt er fast schon eine Lawine los: Seither hat eine ganze Reihe von Forschern die Idee der universellen Wellenfunktion aufgenommen, darunter auch der britische Physiker und Kosmologe Stephen Hawking. Heute ist die sogenannte Viele-Welten-Interpretation sogar eines der gängigen Modelle in der Quantenmechanik – aber umstritten ist sie noch immer.

Braneworlds

Von Scheibenuniversen und Urknallzyklen

Eine weitere Variante von parallelen Universen kommt aus der Stringtheorie. Sie geht davon aus, dass nicht punktförmige Teilchen die Grundbausteine aller Materie und Kräfte sind, sondern Strings – winzigste schwingende Fädchen. Je nach Resonanzmuster dieser Schwingungen erzeugen erst diese rund 10-33 Zentimeter langen Strings die verschiedenen Elementarteilchen. Dieser Ansatz hat zwar einige Haken und ist daher umstritten, dennoch beschwert er uns ein weiteres Multiversums-Szenario: die Braneworld.

Universen als wandernde Scheiben

In diesem Modell unter anderem der US-Physiker Paul Steinhardt und Neil Turok bildet unser vierdimensionales Universum nur eine Untereinheit in einem höherdimensionalen Raum – eine Art Membran („Bran“). In dieser Braneworld könnten daher noch weitere Branen neben der unsrigen existieren. Weil aber alle Materie und fast alle Kräfte unseres Universums in dieser Bran gefangen sind, können wir die andern Branes und die höherdimensionale Umgebung nicht messen oder wahrnehmen. Selbst wenn sie nur einen mikroskopisch kleinen Abstand hätten, wären sie außerhalb unserer Reichweite.

Stringtheoretiker erklären diese unerreichbare Parallelexistenz mit der Form der Fädchen, die unser Universum und die Parallelwelten aufbauen: Diese Strings sind offen. Sie haben eine Lücke und beide Enden sind fest in der „Bran“ verankert. Dadurch ist kein Austausch möglich und auch keine Wechselwirkung zwischen den Welten. Ähnlich wie bei den verzweigten Wirklichkeiten der Quantenvariante haben wir deshalb keine Chance, die anderen Universen wahrzunehmen.

Kollision als Urknall-Auslöser?

Die Kollision zweier Branen wäre für jede dieser Universen eine Art Urknall. © scinexx

Doch in der höherdimensionalen Braneworld stehen die parallelen Branen nicht still, sondern driften umher – und können sogar kollidieren. Eine solche Kollision wäre das Ende der Welt und unseres ganzen Kosmos. Aber: Steinhardt und Turok sehen darin kein endgültiges Aus, sondern eher eine heiße, kosmische Wiedergeburt. Denn auf dieses Ende folgt – ein neuer Urknall.

„Wenn unser Szenario korrekt ist, dann transformiert es die Kosmologie: Der Urknall ist nicht mehr die undurchdringliche Barriere, als der er einst schien“, so Turok. Denn der Anfang wäre dann nicht einmalig, sondern könnte sich sogar regelmäßig im Abstand von rund einer Billion Jahre wiederholen. Unser Universum wäre nur das letzte in einer langen Abfolge von Vorgängern.

„Ich würde nicht auf ihre Existenz wetten“

Soweit das Szenario der zyklischen Branen-Kollisionen. Bisher aber ist es aber ein reines Gedankengebäude. Denn nachprüfen lässt sich die Existenz von Strings und Branen bisher nicht. Und selbst theoretisch gibt es noch einige gewichtige Schwachstellen und ungelöste Probleme, wie auch Turok einräumt.

Entsprechend umstritten ist das Ganze. „Die Stringtheorie zeichnet die Natur so, wie wir sie gerne hätten“, kritisiert beispielsweise Philip Anderson von der Princeton University.

Der Kosmologe Lawrence Krauss von der Arizona State University in Tuscon ist ebenfalls skeptisch, aber etwas versöhnlicher: „Ich würde nicht auf ihre Existenz wetten, aber die Tatsache, dass solche unendlichen Räume existieren könnten und uns trotzdem verborgen blieben, ist dennoch bemerkenswert.“

Parallelwelt aus dem Schwarzen Loch

Wo Einstein endet und die Quantenphysik übernimmt

Dass es vor und nach unserem Universum noch weitere gab und geben wird, glaubt auch der Physiker Lee Smolin vom Perimeter Institute im kanadischen Waterloo. Er geht davon aus, dass sogar überall in unserem Kosmos Keimzellen für neue, parallele Universen versteckt sein könnten – im Inneren Schwarzer Löcher.

In einem Schwarzen Loch ist die klassische Physik nicht mehr definiert © NASA

Schwarze Löcher sind Exoten im Kosmos: Ihr Inneres lässt sich – ebenso wie der Urknall – nicht mit den Mitteln der klassischen Physik beschreiben. Denn in einem Schwarzen Loch ist Materie unendlich dicht komprimiert und die Raumzeit wird so stark deformiert, dass sogar die Zeit stillstehen könnte. Und genau hier setzt Smolins Theorie an: „In dem Moment, in dem der Einstein’schen Physik nach die Zeit stoppt, greift die Quantenmechanik und ihre Unschärfe“, erklärt der Physiker.

Singularität als Urknall

Ähnlich wie beim Urknall könnte daher im Inneren des Schwarze Lochs eine winzige Region sich inflationär aufblähenden Raumes entstehen, der Keim eines neuen Universums. „Der Punkt, an dem die Zeit in einem Schwarzen Loch endet, verbindet sich mit dem Punkt, an dem die Zeit im Urknall eines neuen Universums beginnt“, so Smolin. Dieses Baby-Universum wächst aber nicht in unserem eigenen Universum heran, sondern schnürt sich kurz nach seiner Entstehung quasi nach außen ab wie die Knospe einer sich teilenden Hefezelle.

Das Innere eines Schwarzen Lochs als Keimzelle für ein neues Universum? © scinexx

Auch unser Universum könnte demnach einst in einem Schwarzen Loch eines anderen Universums entstanden sein. Der Urknall wäre dann zwar für uns ein Uranfang, nicht aber für alles Existierende. Stattdessen gibt es Smolins Vorstellung nach unzählige parallele Universen, die ihrerseits wieder Baby-Universen abschnüren. Weil das Innere eines Schwarzen Lochs für uns unerreichbar und auch nicht beobachtbar ist, könnten theoretisch auch einige von ihnen in unserer Galaxie zur Keimzelle eines neuen Universums werden – bemerken würden wir davon nichts.

Kosmische Vererbung

Nach Smolins Multiversums-Modell gibt es sogar eine Art „Vererbung“ zwischen den Universen: Bei jedem Urknall erbt das Baby-Universum auch den Großteil der physikalischen Gesetze und Parameter von seinem Elternuniversum – aber mit kleinen Variationen, quasi den Mutationen im physikalischen Erbgut. So könnte in einem Nachfolge-Universum vielleicht ein Elementarteilchen etwas schwerer sein oder die Gravitation etwas schwächer.

Unser Universum wäre demnach das Produkt einer langen, viele Universum-Generationen andauernden Evolution und Selektion. Und diese sorgte dafür, dass die kosmischen Stellköpfe bei uns so eingestellt sind, dass die Teilchen und Kräfte viele Sterne und damit auch viele Schwarze Löcher entstehen ließen.

Ist das noch Wissenschaft?

Wo endet die Theorie und beginnt die Spekulation?

Ein Problem haben alle Modelle und Szenarien zu Parallelwelten und Multiversen gemeinsam: Sie sind reine Theorie. Überprüfen lassen sie sich – zumindest mit heutigen Mitteln – nicht. Denn per Definition können wir nicht über unser eigenes Universum hinausschauen und damit lässt sich die Existenz anderer Universen auch nicht beweisen.

Unmöglich…

Nicht substanzieller als eine Seifenblase? © freeimages

Nach Ansicht einiger Kritiker wird ein Beweis von Paralleluniversen genau aus diesem quasi in die Modelle eingebauten Grund niemals der Fall sein. Damit aber sei die Theorien paralleler Welten keine echte Wissenschaft, sondern nichts weiter als eine Idee, ein reines Gedankengebäude. Denn was man nicht einmal im Ansatz beweisen kann, bleibt ihrer Ansicht nach reine Spekulation.

„Wie kann es passieren, dass Leute dafür bezahlt werden, über Dinge zu sprechen, die nie gemessen werden können und vermutlich nicht wahr sind?“, kommentiert beispielsweise der US-Physiker Robert B. Laughlin. Er lehnt spekulative Theorien grundsätzlich ab, da sie sich seiner Meinung nach nicht auf messbare Fakten stützen.

…oder doch nur eine Frage der Zeit?

Andere sehen dies nicht ganz so extrem: Der britische Physiker Paul Davies, bekannt unter anderem durch seine populärwissenschaftlichen Bücher, hält auch nicht beweisbare Theorien durchaus für berechtigt und möglicherweise sogar richtig. „Zwar mag eine direkte Bestätigung der Multiversums-Hypothesen nicht möglich sein, das aber schließt nicht aus, dass sie vielleicht doch indirekt getestet werden können“, konstatiert er. Denn die Theorien, von denen diese Modelle abgeleitet sind, seien durchaus überprüft oder überprüfbar. Es sei daher durchaus zulässig, auf dieser Basis nicht beobachtbare Phänomene zu postulieren.

Der String-Physiker und Buchautor Brian Greene sieht dies ähnlich – und hält es für nicht ausgeschlossen, dass wir eines Tages doch Belege für Paralleluniversen finden werden: „Ob es Jahre, Jahrzehnte oder noch länger dauern wird, bis neue Beobachtungen und theoretische Fortschritte zu detaillierten Vorhersagen über ein bestimmtes Multiversum führen, weiß niemand“, schreibt er in seinem Buch „The Hidden Reality“. Unmöglich ist es aber seiner Ansicht nach nicht.

-Nadja Podbregar

(mfe)

Source: Parallelwelten – scinexx.de

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